Gleichschaltung und Verfolgung

Nach der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler am 30. Januar 1933 konzentrierten sich auch die örtlichen Nationalsozialisten darauf alle Bereiche von Politik, Gesellschaft und Kultur gemäß den nationalsozialistischen Vorstellungen zu reorganisieren. Dies bedeutete die faktische Unterwerfung des gesamten gesellschaftlichen und politischen Lebens unter die NS-Herrschaft sowie die schrittweise Ausgrenzung, Verfolgung und Vernichtung von politischen Gegnern, Juden, Sinti und Roma, Homosexuellen, Zeugen Jehovas sowie als „asozial“ und „erbkrank“ verfolgte Menschen. Die Mehrheit der Deutschen nahm diesen elementaren Umbau der Gesellschaft gelassen, wenn nicht sogar begrüßend hin, weil sie sich als Glied der „deutsch-arischen Volksgemeinschaft“ verstehen konnten.

Die sogennante Gleichschaltung beinhaltete administrative Maßnahmen ebenso wie brutalen Terror, der sich auch in Markkleeberg zu Beginn vor allem gegen ortsansässige Kommunisten und Sozialdemokraten richtete, die in das nahegelegene Konzentrationslager im Schloss Colditz bzw. nach Sachsenburg verschleppt wurden. [1] Nachdem bereits im April die ersten Verhaftungen in Markkleeberg durchgeführt wurden, heißt es in den Oetzsch-Gautzscher Nachrichten vom 30. Juni 1933: „In Schutzhaft genommen sind in diesen Tagen eine größere Anzahl von Marxisten aus Markkleeberg, Oetzsch und Gautzsch.“ [2] Im Juli und August 1933 erfolgten weitere Verhaftungen. Diejenigen, die nicht verhaftet wurden, durften sich nicht mehr politisch betätigen, mussten ihre Ämter niederlegen und sich täglich bei der Gemeindebehörde melden.

Legitimiert wurde die systematische Verfolgung seitens der Nationalsozialisten durch die Reichstagsbrandverordnung vom 28. Februar 1933, welche die Bürgerrechte der Weimarer Verfassung außer Kraft setzte und damit das rigorose Vorgehen gegen (nicht nur) politische Gegner ermöglichte. Die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) wurde als staatsfeindliche Partei dargestellt, am 2. Mai 1933 folgte die Zerschlagung der freien Gewerkschaften und im Juni 1933 das faktische Verbot der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD). Auch Vereine, die den Gewerkschaften, der SPD oder KPD nahestanden, wurden aufgelöst. In Markkleeberg betraf das u.a. den Sportverein "Sachsen" Gautzsch, die Sportvereinigung „Fichte“ ebenfalls in Gautzsch, den „Verein für Rasenspiele Prödel“, den „Arbeiter-Turn- und Sportverein Großstädteln“, den „Arbeiter-Turn- und Sportverein Einigkeit“ in Zöbigker und den „Arbeiterturnverein Markkleeberg-Ost“. [3]

Nach dem Verbot aller politischen Parteien außer der NSDAP im Juli 1933 erfolgte die Gleichschaltung der Jugendverbände. Kinder und Jugendliche sollten nunmehr im nationalsozialistischen Sinne erzogen werden. Durch Verbot, Auflösung, Selbstauflösung, Übertritt und Übernahme anderer Jugendverbände wurde die Hitlerjugend (HJ) zum einzigen Jugendverband ausgebaut. In Markkleeberg unterhielt die HJ Heime in der Schulstraße sowie an der Straßengabelung Costewitz/Cröbern. [4] Neben Vereinen und Organisationen wurden auch Presse, Film und Rundfunk, die als Mittel zur Beeinflussung eingesetzt wurden, gleichgeschaltet.

Bald gerieten auch andere Gruppen ins Visier der nationalsozialistischen „Säuberungsaktionen“. Bereits 1932 hatte die Gemeinde Oetzsch-Markkleeberg im Gebiet der ehemaligen Stadtmühle zwei Wohnbaracken für als asozial verfolgte Menschen errichten lassen. [5] Im Rahmen einer reichsweiten Aktion zur Bekämpfung vermeintlicher Bettler fanden im September 1933 in Markkleeberg ebenfalls Razzien statt. [6] In gleicher Weise wurden massive Willkürmaßnahmen zur „Bekämpfung des Zigeunerunwesens“ ergriffen. [7]

Johannes Hohaus
© Kulturbahnhof e.V., Markkleeberg
25. August 2016