Helene Knothe

Helene Maria Margarethe Knothe wurde am 01. September 1892 in Harmelsdorf, im damaligen Kreis Deutsch Krone in der Provinz Grenzmark Posen-Westpreußen, heute Republik Polen, geboren. Sie ist die Tochter von Gustav und Appolonia Wendt, geborene Schulz. Helene Knothe hatte einen Bruder, über den bisher keine Informationen bekannt sind. Bis zu ihrem dreizehnten Lebensjahr besuchte sie die Mittelschule in Gnesen, damals preußische Provinz Posen. Nach eigenen Angaben wurde sie im deutschnationalen Sinne erzogen. Sie ist von Beruf Krankenschwester und nahm als solche am 1. Weltkrieg teil.

Am 9. Februar 1920 heiratete Helene Wendt in Schneidemühl, dem heute zu Polen gehörenden Pila, den vermutlich aus ihrer Nachbarschaft stammenden Erich Knothe. Die Ehe wurde im Jahre 1930 rechtskräftig geschieden, mit dem Vertrag, dass der geschiedene Ehemann bis zu seinem Lebensende für Helene Knothe sorgen müsse. Es existieren Hinweise, dass Erich Knothe zum genannten Zeitpunkt ein Direktor war und in Machern wohnte. Der 1921 geborene Sohn wurde bei der Scheidung Helene Knothe zugesprochen. 1944 diente er als Leutnant bei der Kriegsmarine. Bisher konnten bisher keine weiteren Angaben zu Erich Knothe und den gemeinsamen Sohn gefunden werden.

Der alten Leipziger Meldekartei ist zu entnehmen, dass Helene Knothe seit dem 1. Dezember 1938 in Markkleeberg in der Riquetstr. 23 – heute Pater-Kolbe-Str. – in der 2. Etage zur Miete wohnte. Es sind keine kriminellen und politischen Vorstrafen vermerkt. Sie gehörte keiner politischen Partei an. Bei Wahlen stimmte sie für die nationalliberale Deutsche Volkspartei DVP. Helene Knothe gab an, weder Führerschein, noch Reisepass, Kennkarte oder sonstige Papiere zu besitzen. Über ihren finanziellen Status erwähnte sie 1944, dass sie über kein Vermögen verfüge und auch keines erwarte. Sie arbeitete im Auftrag verschiedener Krankenhäuser Leipzigs. Den Dienst verrichtete Helene Knothe bei den Patienten Zuhause hauptsächlich als Nachtkrankenschwester um unter anderem bettlägerigen, kranken Menschen zu helfen. Ihr monatlicher Verdienst betrug 1944 180 Reichsmark. Inwiefern Versorgungsleistungen durch den geschiedenen Ehemann hinzukommen, konnte nicht geklärt werden.

Von einer ihrer Patientinnen, Elisabeth Baumgarten, und deren Freundin Isle Müller wurde Helene Knothe im Juli 1944 denunziert. Unter anderem soll sie sich negativ über Adolf Hitler geäußert und den bevorstehenden Umsturz angekündigt haben. Der Haftbefehl erging nach verschiedenen Verhören am 08. August 1944 durch das Amtsgericht Leipzig. In der Haft in Leipzig wurden politische Überprüfungen vorgenommen, Zeugen gehört und ein psychologisches Gutachten erstellt. Das Verfahren wurde mit äußerstem Tempo weiter vorangetrieben, allerdings wird äußerlich der Schein eines rechtsstaatlichen Vorgehens bewahrt. Helene Knothe bestritt wesentliche Anschuldigungen, andere gab sie zu. Sie verwies dabei auf ihr loses Mundwerk. In einem Verhör gab sie zu Protokoll, aufgrund der vielen Luftangriffe und Belastungen durch die Nachdienste mit den Nerven am Ende gewesen zu sein, deshalb sei es ihr auch nicht recht, dass sich Deutschland im Kriege befinde. Die Untersuchungen durch die Gestapo und das Amtsgericht Leipzig führten zu einer Anklage wegen „Wehrkraftzersetzung“ und „Feindbegünstigung“. Dies hat 1944 zwangsläufig zur Folge, dass der Fall Helene Knothe vor dem berüchtigten Volksgerichtshof behandelt werden muss. Mit dieser Anklage ist das Todesurteil vorbestimmt.

Die Verlegung der Angeklagten nach Berlin erfolgte am 7. November 1944. Schon am 23. November 1944 um 9.00 Uhr begann vor dem 6. Senat des Volksgerichthofes in der Bellevuestr.15 in Berlin die Verhandlung gegen Helene Margarete Knothe aus Markkleeberg. Um 11.30 Uhr verkündete Senatspräsident Hartmann in Anwesenheit von Ilse Müller, Rechtsanwalt Dr. Eckert und dem Psychologen Dr. Rodewald das Urteil: „Die Angeklagte Helene Knothe hat durch schamlose Beschimpfungen des Führers, die Ankündigung des bevorstehenden Umsturzes und andere zersetzende Äußerungen den deutschen Wehrwillen zu lähmen gesucht und damit zugleich die Geschäfte des Feindes betrieben. Sie wird deswegen zum Tode und dauernden Ehrverlust verurteilt. Sie hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.“ Die Verfahrenskosten wurden anschließend sehr genau berechnet. Zur Begleichung diente das im Haus Riquetstr.23 beschlagnahmte Sparbuch.

Am 20. Dezember 1944 um 14.30 Uhr erhielt Helene Knothe die Mitteilung, dass ihr Gnadengesuch abgelehnt sei und die Urteilsvollstreckung um 16.00 Uhr in Berlin-Plötzensee erfolge. Die Hinrichtung durch „Enthauptung mit dem Fallbeil“ ist in den umfangreichen noch heute erhalten dreibändigen Prozessakten exakt dokumentiert. Helene Margarethe Knothe ist das Opfer von Denunziation und nationalsozialistischer Unrechtsjustiz. Ab dem 5. September 2017 erinnert nun ein Stolperstein in der Pater-Kolbe-Str.23 an ihr tragisches Schicksal.

© AG Spurensuche Rudolf-Hildebrand-Schule, Markkleeberg
4. Januar 2017