Zwangsarbeit
Auf dem Gebiet des Deutschen Reiches mussten bereits ab 1933 Häftlinge der Konzentrationslager und anderer Haftstätten Zwangsarbeit unter Extrembedingungen leisten. Mit dem Überfall auf Polen am 1. September 1939 wurden in Abstimmung mit dem Reichssicherheitshauptamt (RSHA) und in Zusammenarbeit mit der deutschen Wirtschaft sogenannte „ausländische Zivilarbeiter“ – zur Zwangsarbeit rekrutierte oder gezwungene Menschen – als billige Arbeitskräfte im Deutschen Reich und den von den Deutschen besetzten Gebieten eingesetzt. Auch Kriegsgefangene wurden intensiv zu Schwerstarbeiten herangezogen. Auf nahezu jeder Baustelle und jedem Bauernhof, in jedem Industriebetrieb und auch in Privathaushalten wurden Menschen als Zwangsarbeiter ausgebeutet.
In Markkleeberg mussten Zwangsarbeiter aus verschiedenen Ländern vor allem für Junkers Flugzeug- und Motorenwerken AG, einen der bedeutendsten Rüstungskonzerne des Deutschen Reiches vor und während des Zweiten Weltkriegs, arbeiten. Bereits im Dezember 1939 hatte Junkers im Namen der Vereinigten Flugmotoren-Reparaturwerke Leipzig dafür die Kammgarnspinnerei Stöhr & Co. in Gautzsch angemietet, um in den Produktionshallen Flugzeugbehälter zu reparieren. Am 1. Dezember 1943 wurde die Kammgarnspinnerei schließlich als Motorenbau Zweigwerk Markkleeberg vollständig von Junkers übernommen.
Die ausländischen Arbeiter der Junkers-Werke waren in einem Firmenlager in Großstädteln, in einem Gebäude des Unternehmens Riquet & Co. sowie in den Gaststätten „Damhirsch“, „Forsthaus Raschwitz“, „Alter Gasthof Gautzsch“, „Waldschänke“ und „Schloss Rheinsberg“ untergebracht. [1] Außerdem wurden im Mai 1942 auf dem ehemaligen Sportplatz des Vereins „Eintracht 04“ am Wolfswinkel eigens sechs Baracken für vorwiegend russische Zwangsarbeiter errichtet. [2] Im Oktober 1943 folgten sieben Holzbaracken für mehrere Hundert Personen am Equipagenweg. [3] Nach einem alliierten Luftangriff am 20. Februar 1944 – bei dem auch eine hohe, aber nicht konkret benannte Zahl an Lagerinsassen ums Leben kam, denn Luftschutzvorkehrungen gab es für Zwangsarbeit in der Regel nicht – wurden diese zerstört und durch Steinbaracken ersetzt, die ab August 1944 das Außenlager des Konzentrationslagers Buchenwald bildeten. Als „Barackenschnellaktion Bombenschaden“ entstanden infolge des Luftangriffs im März 1944 weitere Unterkünfte am Wasserturm. [4]
Darüber hinaus wurden Zwangsarbeiter, die in Markkleeberg untergebracht waren, auch in anderen Betrieben eingesetzt. So etwa beim Altenburger Tiefbauunternehmen August Erbe, das die Gasstätte „Zum Keglerheim“ als Unterkunft nutzte. [5] In einer Gaschwitzer Turnhalle war ein Kriegsgefangenen- und Arbeitskommando der Deutschen Reichsbahn untergebracht. [6] Das Reformhaus Dr. W. Förster & Co. sowie das Dampfziegelwerk Harald Hentsch brachten Zwangsarbeiter auf ihren Markkleeberger Firmengelände unter. [7] Von den Zwangsarbeitern, die in der Landwirtschaft eingesetzten wurden, wohnten die meisten direkt auf den Bauernhöfen in Markkleeberg.
Johannes Hohaus
© Kulturbahnhof e.V., Markkleeberg
25. August 2016